WIENERS + WIENERS | ADC Buch

Einen richtig guten Text zu schreiben ist eine Kunst, die nur der Texter – und er allein – in Vollendung beherrscht. Aber einen richtig guten RICHTIGEN Text zu veröffentlichen: Das schafft nur ein Werbelektorat. Um genau zu sein WIENERS + WIENERS. Veröffentlicht im ADC Buch 09 und mehrfach preisgekrönt danach.

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Und hier noch mal zum Mitlesen (inklusive aller versteckter Fehler):

Wer es als Werbetexter geschafft hat der kann alles werden! Zum  Beispiel ein berühmter Schriftsteller. Oder einfach nur stink reich.

Der Grund dafür ist die überragende Inteligenz der Texter. Betritt ein Texter den Raum steigt der Durchschnitts–IQ dramatisch an. Denn Texter denken einfach besser. Nun kann man sagen, das denken allein ist keine Kunst. Selbst Lieschen Müller denkt. Aber sie denkt häufig nicht zeilgerichtet. Oder einfach Blödsinn. Das gilt übrigens nicht nur für Lieschen Müller, sondern auch für Art Directoren oder Berater.

Der Texter ist anders. Er ist der Stratege der Denker und Lenker. Ohne Texter wären die meisten Agenturen wie koplfose Hühner. Denn der Texter ist einzig artig: Er denkt nicht nur, er denkt durch. Er erkennt mit mit traumwandlerischer und erstaunlicher Sicherheit, wo der Kern eines jeden Problem liegt. Und dann denkt er über das Problem nach und löst es. Je nachdem, wie genial der jeweilige Texter ist – und genial sind sie alle - löst er das Problem blitzschnell oder schnell. Und dann formuliert er die Problemlösung oder besser die Idee in einen Satz. Einem Satz, vor dem man niederknieen möchte. Mit einer Sprache, die schwer ist, oder leicht. Hart oder zart. Poetisch oder reisserisch. Nicht umsonst wird dieser Satz unter Werbern „Headline“ also „Kopfzeile“ genannt. Denn aus dem Kopf kommt er und für den Kopf ist er gemacht. Und was will der Texter dafür haben? Nichts ! Bescheiden wie er ist, erfüllt ihn die stille Freude an seinem Metiere. Aufgrund seiner vielfältigen und außergewöhnlichen Talente ist er unter den Menschen ein Gott und begnügt sich trotzdem mit niedere weltlichen Gütern, wie einem simplen Loft und einem sportlichen Auto. Weiterer Luxus macht ihn nur weich und lenkt das Genie vom denken ab. 

Allen Genies sagt man nach dass ihr Genie nahe am Wahnsinn liegt. Anders der Texter: Sein Genie liegt neben der  Vernunft. Und nicht nur das: Seine geistige Schönheit seine Vollkommenheit im denken ist zu viel, als dass der Kopf allein sie fassen könnte. Die Perfektion drückt mit Gewalt durch jede einzelne Pore, lässt wallendes Haar wachsen und formt den Körper. Der Texter ist nicht nur ein vollendeter Geist - Nein! Auch sein Laib ist von unzweifelhafter Schönheit. 

Äußerlich und inwändig makellos, erreicht das Universalgenie nach einigen Jahren das Elysium. Ab dieser Phase erringt der Texter – nennen wir ihn nun Top-Texter oder Top-Kreativen - übermenschliche, sogar prometeische Kräfte. Er heilt mit Worten! Lahme gehen, Blinde sehen, Dumme verstehen: Vier Worte („Stell dich nicht an!“) sprach ein Top–Texter nur und heilt damit einen Praktikanten, der einen Daumen beim Pappenschneiden verloren hatte. Die Tränen versiegten unvermittelt, der Daumen ward vergessen und der Praktikant konnte wieder arbeiten – mit einem weltentrückten Lächeln auf dem inbrünstig erleuchtetem Anlitz. 

Doch allen Wunderheilungen zum trotz: Es kommt der Tag, da fallen begnadete Top-Texter zunehmend durch Nichtexistenz auf. Sie verabschieden sich vorab leise mit einem süffissanten Grinsen. Klopfen dem Texternachwuchs noch einmal auf die Schulter - wissende Blicke austauschend. Und dann? Man könnte jetzt annehmen, dass sie der Werbung für immer den Rücken kehren. Nach ihrer Demission auf eine exotische Insel immigrieren um ihr Oeuvre in Buchform niederzuschreiben, oder von ihrem exorbitantem Salär leben und Orchideen züchten. Die Wahrheit allerdings ist eine andere: Der Texter evaporiert zu purer Inspiration! Hellgleißend fliegt er als Sternschnuppe, als Feuerkugel der Poesie, über den Nachthimmel und erreicht endlich seine eigentliche Heimat – den Olymp.